Was tut man, wenn man Ambitionen hat, die eigenen Mittel aber nicht mit den Ansprüchen mithalten können? Man wirft seine eigene Person in die Waagschale, protzt mit seinem beeindruckenden Aussehen (falls vorhanden), mit seiner Intelligenz (noch schwieriger) oder mit seinem breiten Wissen. Wenn man ein Fürst ist, dann hat man noch dazu den Vorteil, dass man sich letzteres einkaufen kann, und genau das tat Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg, als er 1712 die berühmte Münzsammlung von Graf Anton Günther II. von Schwarzburg-Sondershausen zu Arnstadt erwarb.
Diesem letzteren Fürsten – der rangmäßig höchstens in der dritten Liga spielte – war es gelungen, den damals berühmten Numismatiker Andreas Morell als Kustos seiner Sammlung zu gewinnen. Der organisierte nun für Anton Günther den Ankauf von äußerst seltenen und historisch bedeutenden Münzen, und das war entschieden billiger als der Bau eines neuen Schlosses oder die Durchführung eines opulenten Festes. Auf dem Feld der Numismatik zeichnete sich Graf Anton Günther bald derart aus, dass seine Münzsammlung als „Zierde Deutschlands“ und als eines der „vollkommensten und schönsten Kabinette“ bezeichnet wurde. Und das war wichtig, denn natürlich strebte auch Anton Günther danach, von der dritten Liga in die zweite Liga aufzusteigen.
Dies gelang ihm 1709, als ihn der Kaiser in den Reichsfürstenstand erhob. Eine teure Angelegenheit. Anton Günther musste ans Eingemachte. Für 100.000 Taler verkaufte er seine berühmte Münzsammlung nach Gotha – wenn auch schweren Herzens, war er doch auch ein leidenschaftlicher Sammler. Dazu geschah der Verkauf nicht ganz freiwillig, denn die Nachbarherzöge aus der verzweigten Familie der Ernestiner waren allesamt nicht begeistert vom Aufstieg des Grafen in ihre Liga und wollten auch etwas davon haben.
Nun konnte Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg den Münzsammlungs-Joker ausspielen. Aber dafür war es wichtig, dass die ganze Welt erfuhr, was für eine spektakuläre Sammlung er besaß. Zu diesem Zweck ließ er einen repräsentativen Raum bauen, in dem Besucher den Schatz bewundern konnten. Er gab die Publikation der Sammlung in Auftrag. Natürlich wählte man als Sprache für das Buch das Lateinische. Schließlich konnten damit alle Gelehrten im In- und Ausland lesen, welche Schätze in Gotha zu finden seien.
Gotha war fortan ein internationales Zentrum für alle Freunde der Numismatik, und derer gab es im Hochadel viele, denn wie heute Golf, Dressurreiten oder Segeln galt damals die Numismatik als die edelste Beschäftigung würdig eines Herrschers.
Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs kam der Großteil der berühmten Sammlung abhanden. Und es war der Verfasserin dieser Zeilen ein echtes Vergnügen, bei der Rückführung der Sammlung im Jahr 2012 mit Rat und Tat geholfen zu haben. Die Sammlung, die 1730 von Christian Sigismund Liebe beschrieben wurde, wird deshalb heute wieder sicher auf Schloss Friedenstein in Gotha verwahrt.
Das Buch können Sie auf der Seite der Forschungsbibliothek Gotha durchblättern.