Es war ein publizistischer Traumerfolg, den das Buch, das unter dem Namen von Joan Nieuhoff 1665 in niederländischer Sprache erschien, direkt nach seinem Erscheinen hatte. Sein Bericht über seine Reise nach China, der von seinem Bruder aus dem von ihm nach Hause geschickten Material zusammengestellt wurde, war nach damaligen Verhältnissen ein Bestseller! Allein im 17. Jahrhundert wurden sechs niederländische Ausgaben herausgegeben. Noch im Jahr seines Erscheinens wurde es ins Französische übersetzt, und zwar in der Ausgabe, die wir hier vor uns haben, kurz danach ins Deutsche, ins Lateinische und ins Englische.
Das große Interesse der Weltöffentlichkeit kam dabei nicht von Ungefähr! China war das Traumland jedes Händlers und vor allem jedes Investors in ganz Europa. In China gab es die Waren, nach denen die europäischen Märkte dürsteten. Da waren zunächst einmal der Tee, dann das damals unschlagbar moderne chinesische Porzellan und die wunderbar zarte Seide. Aber auch die Gewürze und Heilmittel, die über China gehandelt wurden, versprachen einen großartigen Gewinn!
Da der einzelne im 17. Jahrhundert nicht mehr in der Lage war, erfolgreiche Handelsunternehmen dieser Größenordnung zu finanzieren, hatten sich ehrgeizige Männer mit der Regierung zusammengetan und auf Grund königlicher Privilegien Handelskompanien gegründet. Man muss sich das als eine Art Aktiengesellschaft vorstellen, deren Kapital von einem Investorenmarkt aufgebracht wurde. Mit diesen Mitteln wurden Flotten ausgerüstet, Stützpunkte vor Ort errichtet, Festangestellte besoldet, deren Tätigkeiten den Investoren einen stolzen Gewinn auf ihre Einlagen bescheren sollten.
Vor allem das Gebiet, das man damals Ostindien nannte, war für solche Investitionen beliebt. Dazu gehörten damals nicht nur Indien und die Gewürzinseln, sondern auch China und Japan. 1600 gründeten die Briten ihre Ostindien-Kompanie. 1602 folgte die Niederländische Ostindien-Kompanie, deren Gesandtschaft zum kaiserlichen Hof Joan Nieuhoff hatte begleiten dürfen. Aber auch andere Länder wollten an diesem Handel partizipieren und gründeten Kompanien: Dänemark, Schweden, Portugal – und 1665 auch Frankreich. Dort hatte Ludwig XIV. auf Initiative seines Finanzministers Colbert erstmals eine Ostindien-Kompanie privilegiert, die 1665 um Kapital warb. Da kam das Buch Nieuhoffs gerade recht!
Was Nieuhoffs Bericht vor allem interessant machte, waren die 150 Kupferstiche, die den Leser in die exotische Welt des Fernen Ostens entführten. Nieuhoffs Buch löste damit die China-Mode aus. Kein Schloss des Rokoko ohne Porzellan-Kabinett. Kein bürgerlicher Haushalt ohne Chinoiserien.
Allerdings wusste auch Joan Nieuhoff nicht, welche Waren China im Austausch beziehen wollte. So musste Tee und Seide mit Silber bezahlt werden. Die negative Handelsbilanz machte allen europäischen Regierungen Kopfzerbrechen, bis die Engländer auf die verbrecherische Idee kamen, Opium im großen Stil zu importieren. Erst damit kehrte sich die Handelsbilanz um. Aber dafür kann man Joan Nieuhoff sicher nicht verantwortlich machen.
Auch in unserer Ausstellung „Wir uns das Fremde“ haben wir uns mit Nieuhoffs Buch auseinandergesetzt.