Wir befinden uns in einem Staat, in dem Unterhaltung an oberster Stelle steht und freies Denken bestraft wird. Das Volk verbringt seine Zeit mit Video, Drogen, gefährlichen Verfolgungsjagden. Sämtliche Medien werden von der Regierung bestimmt. In diesem Staat ist es illegal, Bücher zu besitzen und zu lesen. Alle noch vorhandenen Bücher werden von der Feuerwehr angezündet und vernichtet. Guy Montag aber, die Hauptfigur in „Fahrenheit 451“, besitzt noch Bücher und beginnt durch die junge Frau Clarisse nach und nach ein größeres Verlangen nach Wahrheit und eigenständigem Denken zu entwickeln. Er will mehr Bücher lesen, mehr über die wirklichen Zustände im Staat erfahren. Dabei wird Montag zunehmend unvorsichtiger, bis seine eigene Frau Mildred ihn bei seinem Vorgesetzten anzeigt.
Der Titel „Fahrenheit 451“ bezieht sich auf die Temperatur, bei der Papier sich (angeblich) selbst entzündet. Zentral im Roman ist die als positiv angesehene Verbrennung von Büchern, die allerdings nicht von einem totalitären Regime angeordnet wurde. Stattdessen führten Entscheidungen des Volkes zum Bücherverbot. Ursprünglich wollte man Unterschiede im Bildungsniveau der Bevölkerung angleichen, um eine gemeinsame Ausgangslage zu erreichen.
Der Roman von Ray Bradbury (1920-2012) ist 1953 erschienen und reiht sich, wie auch George Orwells Roman „1984“ oder Aldous Huxleys „Schöne Neue Welt“ in das Genre der Dystopie ein. Es wird eine Welt dargestellt, in der die gefährlichen Tendenzen, die der Autor in seiner Gegenwart erkannte, ins Extreme gesteigert sind. So erklärte Bradbury, dass „Fahrenheit 451“ auf die Verdrängung von Büchern durch das Fernsehen anspielen sollte.
Heutzutage bekommt das Werk allerdings eine neue, erschreckende Aktualität. Durch die steigende Präsenz des Internets hat das Buch als Medium eine völlig neue Stellung bekommen. Im Vergleich zu kurzen Videoclips oder leicht konsumierbaren Serien und Filmen, die den passiven Zuschauer berieseln, hat die Beschäftigung mit einem Buch etwas aktives, etwas, das Hingabe erfordert. Das konzentrierte Lesen kann so zu einer Flucht aus der ständigen Medienbeschallung werden, wie es auch bei Guy Montag im Roman geschieht. Das Buch als solches dient zugleich als Schutz vor der Reizüberflutung der modernen Gesellschaft, aber auch als Möglichkeit, selbst tätig zu werden und zu reflektieren.
Zusätzlich schildert Bradbury in „Fahrenheit 451“ einen Staat, der zwar totalitär anmutet, es jedoch im Kern noch nicht ist. Es werden nach wie vor Wahlen abgehalten und die Menschen haben sich beispielsweise das Bücherverbot selbst ausgesucht. Auf diese Weise zeigt der Roman, wie sich eine Gesellschaft ohne große Umbrüche oder Diktaturen selbst in eine Lage bringen kann, in der freies Denken plötzlich nicht mehr erlaubt ist.
Der Roman, der vor allem Jugendlichen beispielsweise als Schullektüre oft zugänglicher ist, als die Dystopien des frühen 20. Jahrhunderts, wird sicherlich noch einige Zeit als schauerliche Zukunftsprognose der westlichen Gesellschaft im Gespräch bleiben.