Wir befinden uns irgendwo in den Weiten des russischen Zarenreichs. Da ist dieses Dorf, ein Dorf, wie es damals viele gab. Da gibt es die Bauern, die genügend Grund und Boden besitzen, um mit harter Arbeit gerade so über die Runden zu kommen. Da gibt es die Tagelöhner, die nicht wissen, wie sie sich und ihre Kinder satt kriegen sollen. Und da gibt es die Familie Wolyk, an deren Schicksal Michajlo Kozjubynskyj exemplarisch zeigt, welche Hoffnungen die Ärmsten der Armen am Leben halten. Beginnen wir mit der Mutter Malanka. Sie ist alt und verbraucht, erschöpft von ihrem harten Leben als Magd. Wie hat sie ihren Dienstherrn beneidet! Selbst Grund und Boden zu besitzen, das ist das Ziel ihrer Wünsche. Wie würde sie den Boden hegen und pflegen, damit er ihr jedes Jahr aufs Neue das tägliche Brot schenken möge! Ihr Mann Andrij hat da ganz andere Wünsche. Immer wieder geht er vorbei an der ausgebrannten Zuckerfabrik. Was war das nur für ein großartiges Leben damals, als er noch in der Fabrik arbeitete. Dreizehn Rubel im Monat! Genug Geld für Bier und Wodka! Was würde er nicht dafür geben, wenn der Herr endlich wieder die Fabrik eröffnet und ihm gut bezahlte Arbeit gibt. Er wäre der fleißigste aller Arbeiter! Und dann ist da noch die Tochter Hafijka, ein bildschönes Mädel, gehegt und gepflegt von ihrer Mutter. Die soll es einmal besser haben! Den Prokip soll sie heiraten! Der ist Bauer, hat ein kleines Gut. Es ist der Traum der Mutter, zusammen mit ihrer Tochter und Prokip den kleinen Bauernhof zu bewirtschaften. Doch Hafijka hat andere Pläne. Ihr hat es der Student Marko angetan. Der erzählt so schön von einer gerechten Welt, in der alle gemeinsam den Boden bebauen und es weder Arme noch Reiche gibt.
Das ist die Ausgangssituation, auf die der Gutsherr trifft, als er die Fabrik wieder aufzubauen beginnt. Andrij ist begeistert! Er ist die rechten Hand von jedem, der ihn rechte Hand sein lässt. Keine Arbeit ist ihm zu schwer. Natürlich bekommt er einen gut bezahlten Posten in der Fabrik. Und dann der Unfall. Drei Finger lässt er in der Maschine. Zur rechten Hand ist er nicht mehr zu gebrauchen. Der Fabrikbesitzer übernimmt Verantwortung. Er schickt ihn zum Arzt, bezahlt die Rechnung und gibt Andrij eine Abfindung. Das ist mehr, als viele andere getan hätten. Das ist nicht genug. Denn für Andrij ist es vorbei. Kein regelmäßiges Einkommen mehr. Der Traum ist geplatzt. Die Armut kehrt zurück. Die Hoffnung ist dahin.
Plötzlich hat Andrij nichts mehr gegen die Freundschaft seiner Tochter Hafijka mit dem Studenten Marko. Er hört ihm selbst gerne zu. Noch lieber aber trifft er sich mit dem halb verrückten Choma, jenem Hirten, der aufgehört hat, Hirte zu sein, weil er das Leben mit den Tieren nicht mehr erträgt. Verbrennen möchte der alles, was die besitzen, die ihn gezwungen haben, Hirte zu werden. Verbrennen! Das ist seine Antwort auf alles. Verbrennen! Denn nur so schädigt man die Oberen. Dass zerstörter Besitz für niemanden mehr von Nutzen ist, das interessiert Choma nicht. Er will den Weltenbrand!
Wie kommt es dann eigentlich zum Aufstand? Beginnt es mit dem Streik der Erntearbeiter, die versuchen, den Gutsherrn zu zwingen, auf ihre Lohnforderungen einzugehen? Oder sind es die Brände, die jede Nacht ein bisschen mehr herrschaftliches Gut verschlingen? Schenken die Nachrichten aus den umliegenden Dörfern den Mut zum Widerstand? Oder ist es alles zusammen, was das Dorf in den Aufstand treibt. Sie wollen Land besitzen. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Und so beschlagnahmen sie das Gut des Herren.
Relativ friedlich geht es dabei ab. Der Verwalter kann sein Leben retten. Ach, wie schön könnte es jetzt weitergehen. Was für ein Happy End! Bauer Prokip übernimmt den Gutshof und macht aus ihm ein Mustergut zum Wohle des Dorfes. So sorgfältig gepflegt, verspricht die Ernte alle Familien im Dorf jetzt und immerdar vor dem Hunger zu bewahren. Doch Choma, der verrückte Hirte, hat einen anderen Blick auf die Welt: Er sieht den Herrn schon mit Soldaten zurückkehren. Seinen Besitz zurückverlangen. Auf die dummen Bauern spucken, die ihm das Gut so liebevoll gepflegt haben. Verbrennen muss man es deshalb, verbrennen!
Es passiert Schritt für Schritt, einer nach dem anderen. Die Dörfler lassen sich von Choma verführen. Wie im Rausch setzen sie die Fabrik in Brand und zerschlagen das Gutshaus. Doch auf den Rausch folgt die Ernüchterung. Soldaten kommen. Die Angst! Die Not! Alle werden sie erschießen! Natürlich nicht, denn die Dörfler einigen sich auf wenige Sündenböcke. Der verrückte Choma ist in die Wälder geflohen. Aber da sind noch Andrij, Prokip und Marko. Aber natürlich: Sie haben den Aufstand angezettelt, die Fabrik verbrannt. Doch nicht die Dorfbevölkerung. Die saß in ihren kleinen Häuschen und hat nur zugesehen. Die Obrigkeit ist es zufrieden. Schließlich braucht man die Dörfler zum Arbeiten. Doch die Sündenböcke müssen sterben. Öffentlich. Vor den Augen aller anderen, die da so laut mitgeschrien und mitgewütet haben, und denen jetzt der Mut fehlt, zu ihren Handlungen zu stehen.
Und dann ist alles vorbei. Die Lage ist schlimmer als zuvor. Keine gut bezahlte Fabrikarbeit mehr. Ach ja, einen Hoffnungsschimmer lässt uns der Autor Michajlo Kozjubynskyj: Marko, der vernünftige Revolutionär, kann mit Hilfe von Hafijka entkommen. Der Autor weiß es noch nicht, und er wird es wegen seines frühen Tods im Jahr 1913 auch nicht mehr erleben, aber Menschen wie Marko werden die russische Oktoberrevolution auslösen. Mit dabei an vorderster Front der Sohn des Autors Yuriy und sein Schwiegersohn. Beide sind hohe Offiziere der Roten Armee. Sie machen sich die Hände schmutzig und den Weg frei für Lenin, ja und natürlich für Stalin. Dessen Reinigung von 1936/7 fallen sie zum Opfer – wie Andrij und wie Prokip den Dörflern zum Opfer gefallen sind.
Gewalt – ob gegen Sachen oder gegen Menschen – ist eben keine Lösung. Das hätte ihnen Michajlo Kozjubynskyj wahrscheinlich sagen können, auch wenn Generationen von sowjetischen Lesern darauf bestanden, ihn anders zu interpretieren.