Wir haben in den Acta Eruditorum eine der frühesten wissenschaftlichen Zeitschriften vor uns. Solche Publikationen sind heute aus dem universitären Betrieb nicht wegzudenken. Zumeist im jährlichen Rhythmus publizieren Wissenschaftler darin ihre neusten Erkenntnisse und rezensieren die Bücher, die andere Wissenschaftler geschrieben haben. Man will damit nicht nur Wissen teilen. Es geht vor allem um die Reaktionen der Kollegen. So erarbeitet die Gemeinschaft der Forschenden das, was als „communis opinio“ bezeichnet wird, eine unter Wissenschaftlern allgemein anerkannte These, die zur Basis der weiteren Forschung wird.
Wissenschaftlichen Zeitschriften sind ein Kind der Aufklärung. Und das hat einen guten Grund: Bis in die Frühe Neuzeit gewannen Bücher ihre Autorität durch den Bezug auf die Bibel oder antike Autoren. Die Aufklärung erst idealisierte die eigene Beobachtung zum Maß aller Dinge. Nun ist Beobachtung aber relativ. Deshalb braucht moderne Forschung den Konsens. Erst die übereinstimmende Meinung der wichtigsten Vertreter eines Faches, dass die Beobachtung des einen von jedem anderen nachvollzogen werden kann, wird zur Grundlage der wissenschaftlichen Akzeptanz.
Doch wie soll man zu einem Konsens finden, wenn Wissenschaftler über die ganze Welt verstreut sind? Ausführliche Briefe sind eine Möglichkeit – und tatsächlich kennen wir aus der Epoche der Aufklärung eine Fülle von Korrespondenzen. Wichtige Briefe wurden abgeschrieben und anderen Forschern zugänglich gemacht. Eine unbefriedigende Lösung, denn vom Konzept her muss jede Korrespondenz bilateral bleiben.
Erst die wissenschaftlichen Zeitschriften brachten seit 1665 eine Vernetzung. Zuerst in England und Frankreich, wo die Aufklärung früher einsetzte als in der deutschsprachigen Welt. Die deutschen Acta Eruditorum (= Verhandlungen der Gelehrten) kamen 1682 dazu. Diese monatliche(!) Publikation wurde von dem Leipziger Gelehrten Otto Mencke herausgegeben. Verglichen zu heutigen Publikationen war sie mit 32 Seiten dünn. Sie enthielt kurze Artikel sowie Buchvorstellungen. Wohlgemerkt Buchvorstellungen, keine Rezensionen. Es ging nicht darum, Erschienenes zu kritisieren, sondern denen, die keinen Zugang zu einem Buch hatten, dessen Inhalt bekannt zu machen.
Und damit sind wir beim eigentlichen Zweck der Acta Eruditorum und dem Grund, warum der sächsische König und ein großer Teil der deutschsprachigen Gelehrten sie unterstützten. Diese Zeitschrift diente dazu, die deutsche Forschung auch im Ausland bekannt zu machen und ihr wissenschaftliches Renommee zu verschaffen. Deshalb waren die Beiträge nicht in deutscher, sondern in lateinischer Sprache verfasst. Das war damals die anerkannte Sprache unter Wissenschaftlern.
Die Themen reichten von der Theologie und Kirchengeschichte, dem Rechtswesen, der Medizin und den Naturwissenschaften über die Mathematik bis hin zur Geschichte und Geographie resp. der Philosophie und der Philologie.
Die Acta Eruditorum waren ein voller Erfolg, so dass nach Otto Menckes Tod im Jahr 1707 sein Sohn die Zeitschrift weiterführte. Unser Band stammt aus dem Jahr 1716. Auch wenn die darin veröffentlichte Forschung längst überholt und veraltet ist, ist er ein wertvolles Zeugnis für die Anfänge unserer modernen wissenschaftlichen Diskussion.
Die beeindruckende Liste von Themen, die in der Ausgabe von 1716 behandelt werden, finden Sie hier. Dort können Sie außerdem die Beiträge aufrufen. Für beides sind allerdings Lateinkenntnisse nötig.