Viele der aktuellen Krimis, ob als Buch oder als Film, sind geprägt vom Typ des „hardboiled detectives“, also einem hartgesottenen Ermittler, der in seinen Ermittlungen Grenzen überschreitet und sich selbst am Rande des Legalen bewegt. Geboren wurde dieser neue Typus von Detektiv in den 1920ern in San Francisco, genauer gesagt in Dashiell Hammetts Roman „Der Malteser Falke“. Er war einer der ersten Autoren, der die klassische Rollenverteilung von „gut“ und „böse“ umdrehte. Sein Buch, das 1930 erschien, wurde 1998 in die Liste der 100 besten englischsprachigen Romane des 20. Jahrhunderts aufgenommen.
In dieser Geschichte jagt der Detektiv Sam Spade in San Francisco nach einer verschwunden Statue aus dem 16. Jahrhundert, die mit kostbaren Edelsteinen verziert ist und seit Jahrhunderten als verschwunden gilt. Es handelt sich um eine Falkenstatue aus Gold, die der spanische König vom Malteserorden geschenkt bekommen hatte und die auf der Überfahrt nach einem Überfall von Seeräubern verloren gegangen war. So gelangte die Statue nach Algier, wo sie dann bemalt wurde, um ihren wahren Wert zu verbergen, was die Suche nach der Statue nicht grade einfacher machte.
Nach einer Odyssee mit Stationen bei verschiedenen Händlern, soll sie schließlich in San Francisco angekommen sein und Sam wird beauftragt, den Falken wiederzufinden. Da ein solcher Schatz natürlich Begierde weckt, sind gleich mehrere undurchsichtige Personen hinter diesem her, die sich dabei immer wieder in die Quere kommen. Ihre Wege kreuzen sich jedoch stets bei und mit Sam Spade.
Hammetts Detektiv ist dabei alles andere als der typische Detektiv, der das Böse verfolgt – er ist ein zynischer und schroffer Privatdetektiv, der wie alle anderen Figuren in dem Buch auch auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Dass dabei Moral und Gesetz vernachlässigt und missachtet werden, spielt für die beteiligten Charaktere keine Rolle. Die Grenzen zwischen Gut und Böse lösen sich bei der Suche nach dem Falken auf und lassen alle Personen korrupt erscheinen.
Der Malteser Falke ist einer der ersten Krimis, der mit dem klassischen Klischee des guten Detektivs bricht und dem Krimigenre einen neuen Typ von Hauptfigur verleiht. Diese Tatsache ist zu beachten, wenn man das Buch heute liest – immerhin ist ein Detektiv oder Ermittler, der sich mehr seinen eigenen moralischen Überzeugungen verpflichtet hat als dem tatsächlichen Gesetz, heute in der breiten Masse von Krimis angekommen und an sich keine Besonderheit mehr. Hammett dagegen leistete mit seinem Buch Pionierarbeit und legte die Grundlage für die weitere Entwicklung des literarischen „hardboiled detective“ und das filmische Pendant mit der Entstehung des Film noir. Auch hier gilt die Verfilmung des Malteser Falken in „Die Spur des Falken“ 1941 mit Humphrey Bogart als Sam Spade als Beginn der klassischen Ära des Film noir. Diese Verfilmung des Buchs war die erfolgreichste von den insgesamt drei damals erschienenen Filmversionen – ein Hinweis darauf, wie populär das Buch gewesen war.
Viele seiner Einfälle bezog Hammett aus seiner eigenen Erfahrung als Mitarbeiter einer Detektivagentur, in der er ab 1915 arbeitete bevor er seine Schriftstellerkarriere begann. Sein Werk zeichnet sich dabei durch eine realistische Darstellung des Verbrechermilieus aus.
So viel Erfolg er als Schriftsteller hatte – für sein literarisches Lebenswerk wurde ihm 2011 posthum der Archie Goodwin Award verliehen – so wenig Erfolg hatte er privat. Als Mitglied der kommunistischen Partei litt er in den 1950ern unter der McCarthy-Ära, in der er zwischenzeitlich sogar zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Er starb 1961 verarmt an einer Lungenentzündung.