05 Mai Einmal selber Drucken
Als Literaturwissenschaftlerin ist es quasi meine berufliche Pflicht, mich für Bücher zu interessieren – allerdings arbeite ich überwiegend an moderner Literatur, weshalb ich von den technischen Details historischer Buchdruckverfahren, gelinde gesagt, nicht allzu viel Ahnung habe. Als ich 2021 nach Leipzig zog, eine Stadt in der Buchdruck eine lange Tradition hat, nahm ich mir vor, etwas gegen meine Unkenntnis zu tun. Dank pandemischer Lockerungen durfte das Museum für Druckkunst zwischenzeitlich wieder eingeschränkten Betrieb aufnehmen und ich meldete mich kurzerhand für den Workshop „Handsatz & Linolschnitt“ an.
Was wollen Sie denn drucken?
Ich hatte an alles gedacht: Den tagesaktuellen Corona-Schnelltest mit Negativergebnis, eine frische FFP2-Maske, genug Bargeld, meine Trinkflasche. Woran ich nicht gedacht hatte, ist, dass ich irgendwann an diesem Tag etwas würde drucken müssen. Und ich hatte mir absolut keine Gedanken gemacht, was!
Während ich also noch dabei war, die vielen Setzkästen zu bewundern, legten die anderen Teilnehmer schon los. Eine Dame wollte Visitenkarten drucken, ein junger Mann wollte seiner Mutter zum Geburtstag eine selbstgemachte mehrfarbige Karte mit Glückwünschen schenken. Mit meiner Annahme, ich könne mich hier erstmal zurücklehnen und jemand würde mir etwas darüber erzählen, wie das mit den Setzkästen und den Maschinen alles funktioniert, hatte ich mich gründlich geirrt. Nach einer knappen Einführung – hier sind die Setzkästen, hier sind Holzbuchstaben für größere, farbige Drucke, da drüben steht die Letterpress, was wollt ihr machen? – ging es los.
Setzen ist viel Fummelei
Nach kurzem Überlegen entschied ich mir dafür, ganz klassisch einen einfarbigen Text zu drucken. Nach noch mehr Überlegen entschied ich mich für ein kurzes Gedicht des amerikanischen Dichters e.e. cummings. Gut, dass mir das noch eingefallen war! Weniger gut war allerdings, wie ich bald merken würde, dass dieses moderne Gedicht sehr spielerisch mit dem Satz umgeht, d.h. mit der Anordnung der Wörter auf der Seite. Denn hier waren viele große Lücken zwischen den Wörtern, die ich nachher alle manuell füllen musste…
Nachdem ich mich für eine Schriftart entschieden hatte (Centaur) und eine Schriftgröße (32 pt, einer der Workshopleiter überzeugt mich, dass 48 pt viel zu groß sei), musste ich als Nächstes die Buchstaben aus dem entsprechenden Setzkasten suchen und im Setzschiff arrangieren, der großflächigen Metallplatte, auf der die Lettern angeordnet werden. Spoiler: Ich habe mehrere Stunden gebraucht, um die insgesamt 19 Wörter zu setzen, zu drucken, und die Lettern wieder zurück in ihre Kästen zu sortieren. Denn Setzen ist vor allem eins: viel Fummelei! Die Buchstaben sind klein, sie fallen ständig um, und, ach ja, sie werden natürlich auf dem Kopf stehend gesetzt, weil die Platte beim Drucken ja umgedreht wird! Als ich die Wörter zusammengestückelt hatte, mussten alle Abstände zwischen den Wörtern mit Blindmaterial gefüllt werden, d.h. Blöcken aus Metall, die nicht mitgedruckt werden, aber die Wörter an der richtigen Stelle halten. Und als ich das endlich hinbekommen hatte, mussten all diese unterschiedlich großen Metallstücke auch noch links eine glatte Kante bilden, damit der Text nachher ordentlich linksbündig aussehen würde. So glatt, dass man mit dem Finger darüber fahren kann, ohne hängen zu bleiben!
Ein kräftiges Pink vielleicht?
Irgendwann war die Druckvorlage dann fertig zusammengestückelt. Die nächste Frage war: In welcher Farbe will ich drucken? Schwarz war mir schlussendlich zu langweilig, vor allem bei einem so experimentellen Gedicht, das leuchtende Farben – pinks, lemons, greens – beschreibt. Ich wollte gelb. Tja, sagte der Workshopleiter, das wird nichts. Sie müssen dran denken, dass Sie eine recht zarte Schriftart gewählt haben, das können Sie nachher nicht lesen. Es muss was Auffälliges sein, ein kräftiges Pink vielleicht! Auf dem Papier wurde es dann eher Rosa als Pink, aber zufrieden war ich allemal.
Und trotz allem – etwas neidisch war ich am Ende des Tages doch auf einen anderen Teilnehmer, der sich für einen Zweifarbdruck mit Holzlettern entschieden hatte. Die selbstgedruckten Geburtstagskarten für seine Mutter und ihren Partner sahen einfach toll aus! Die gute Nachricht: Die Workshops bietet das Museum regelmäßig an, sogar eine offene Werkstatt gibt es zweimal wöchentlich. Ich war sicherlich nicht das letzte Mal hier. Wer weiß, vielleicht sollte ich das nächste Mal einen einfachen Schriftzug nehmen. Bookophile, oder so. Mit Holzlettern. Mehrfarbig.
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