370 Jahre Zeitungsdruck in Leipzig

© Deutsche Nationalbibliothek

Wenn das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in seiner neuen Kabinettausstellung das Thema Tageszeitung aufgreift, so nimmt es ein Medium in den Blick, das aktuell von großen Umbrüchen geprägt ist. In einer Zeit, in der die Zeitung international unter erheblichen wirtschaftlichen Druck geraten ist, lohnt ein rückversichernder Blick in die Vergangenheit – mit dem Ziel, sich auch Gedanken über die Zukunft des Mediums zu machen. Aus welchem historischen Kontext heraus entstand vor nun fast vier Jahrhunderten die Idee, einer damals rasant wachsenden Leserschaft täglich portionierte Informationshäppchen anzubieten? Welchen Bedarf an Wissen sollte das Format decken? Wie unterscheiden sich die verschiedenen technischen Phasen der Zeitungsgeschichte? Und was bedeutet die Zeitung für den intellektuellen Horizont einer Gesellschaft, was bewirken zensorische Eingriffe in das Massenmedium?

Unter dem Titel „370 Jahre Zeitungsdruck in Leipzig“ wirft die Kabinettausstellung als Beitrag der Deutschen Nationalbibliothek zum „Jahr der Industriekultur 2020“ einen Blick in die Geschichte des Zeitungsdrucks. Als der Leipziger Drucker Timotheus Ritzsch am 1. Juli 1650 unter dem Titel „Einkommende Zeitungen“ die erste gedruckte Tageszeitung der Welt publizierte, war der Grundstein für eine Erfolgsgeschichte gelegt. Die Zeitung erlebte durch die Erfindung der Schnellpresse während der Industrialisierung einen enormen Aufschwung, sie wurde das erste Massenmedium. Auch in der Messestadt, in der in den vergangenen 370 Jahren mehr als 100 Zeitungstitel verlegt wurden, entfaltete der Zeitungsdruck große Anziehungskraft: Papierherstellung, Verlage und Druckmaschinenindustrie siedelten sich an. Die letzte Tageszeitung, die in Leipzig gedruckt wurde, verlässt im Herbst 2019 die Presse – eine Ära geht zu Ende, eine neue Ära beginnt, Internetzeitungen erobert auch als lokale Formate den Markt.

Am 20. September veranstaltete das Deutsche Buch- und Schriftmuseum einen „Tag der Zeitung“, der den Besucher*innen ein reiches Themen- und Aktionsspektrum rund um die Zeitung anbot: Von druckhistorischen Themenführungen in den vier Ausstellungen – z. B. „Spinning Jenny und die Folgen“, „Druck in der DDR-Subkultur“ oder „Erfindergeist und Zeitungsdruck“ – über interaktive Aktionen an der Druckerpresse bis hin zu Lesungen aus alten Tageszeitungen („Von erschröcklichen schedlichen bösen newen Zeitunge“) und vielem mehr. Beim Buttondruck mit zeitungshistorischen Motiven konnten unter dem Motto „Ruck Zuck – ein Druck“ kleine Mitnehmsel produziert werden. Ein besonderer Höhepunkt des Programms war die „Maschinenmusik“ von und mit Christoph Schenker.

 

Was Sie sonst noch interessieren könnte:

Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Museumswebseite.

In der ZEIT können Sie die Geschichte der ersten Zeitung der Welt nachlesen.

Mehrere spannende Videos zur Entstehung der US-amerikanischen Zeitungsindustrie hat die Library of Illinois produziert (auf Englisch).





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